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08.04.2022

Widerruf und Änderung von Testamenten

Das Leben entwickelt sich oft anders als erhofft: Ehepartner trennen sich, Kinder ziehen weit weg, erkranken oder werden durch Partner negativ beeinflusst. Es gibt viele gute Gründe, seine letztwillige Verfügung zu ändern. Aber wie stelle ich das am besten an? 

Zunächst können testamentarische Verfügungen widerrufen werden. Ein Widerruf liegt z. B. vor, wenn ich ein "neues" Testament errichte. Gemäß § 2258 BGB gilt das frühere Testament dann insoweit als aufgehoben, als das spätere Testament mit dem früheren in Widerspruch steht. Wird das "neue" Testament später widerrufen, so lebt im Zweifel das frühere Testament wieder auf (§ 2257 BGB). Auch die Rücknahme eines Testaments aus der amtlichen Verwahrung stellt einen Widerruf dar (§ 2256 BGB). 

I. Einseitiges Testament

Bei einem einseitigen Testament kann der Erblasser seine letztwillige Verfügung jederzeit frei ändern oder widerrufen. Die Mitwirkung eines Dritten ist hierzu nicht erforderlich. Widerruf und Änderung unterliegen den üblichen Formvorschriften für letztwillige Verfügungen, d.h. handschriftlich oder notariell. 

Vorsicht ist geboten bei einer "Erneuerung" des handschriftlichen Testaments durch bloßes Hinzufügen eines jüngeren Datums. Hat ein Erblasser sein ursprüngliches Tesmant durch Errichtung eines neuen Testaments widerrufen und will er später das ursprüngliche Testament wieder in Kraft setzen, bedarf es entweder eines ausdrücklichen Widerrufs des zweiten Testaments oder einer aktualisierten Unterschrift des Erblassers (sinnvollerweise unter Datumsangabe) auf dem Ursprungstestament. Die bloße Ergänzung des Ursprungstestaments mit einem neuen Datum genügt dagegen nicht zu dessen "Erneuerung".

II. Gemeinschaftliches Testament

Beim gemeinschaftlichen Testament besteht die Widerrufsmöglichkeit nur bis zum ersten Erbfall. Wird der Widerruf wirksam erklärt (notarielle Beurkundung und Zustellung), sind ab diesem Zeitpunkt alle wechselbezüglichen Verfügungen unwirksam. Eine sonstige Änderung des Testaments ist nur durch beide Ehegatten gemeinsam, also auch nur vor dem ersten Erbfall möglich. Nach dem Tod des Erstversterbenden kann der überlebende Ehegatte seine Verfügung nur noch aufheben, indem er das ihm Zugewandte ausschlägt (§ 2271 Abs. 2 BGB).

III. Erbvertrag

Beim Erbvertrag ist nach Vertragsschluss kein Widerruf mehr möglich. In den §§ 2294 ff. BGB sind gesetzliche Rücktrittsrechte für einige Ausnahmefälle vorgesehen. Daneben kann der Erblasser sich gemäß § 2293 BGB ein Rücktrittrecht vorbehalten. Der Rücktritt bedarf der notariellen Beurkundung und Zustellung. Nach dem Tod einer Vertragspartei kann der Überlebende seine Verfügung aufheben, wenn er zuvor das ihm durch den Erbvertrag Zugewendete ausschlägt, § 2298 BGB. Im Übrigen könne Vertragsänderungen nur gemeinschaftlich erfolgen. 

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Autor

Dr. Natalie Löw

Dr. Natalie Löw

Rechtsanwältin und Notarin Fachanwältin für Informationstechnologierecht Fachanwältin für Urheber- und Medienrecht