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24.03.2022

Bleibt ein Erbvertrag auch nach Scheidung wirksam?

Das gemeinsame Testament eines Ehepaares wird unwirksam, wenn die Ehe rechtskräftig geschieden ist. Das regelt § 2077 BGB unmissverständlich. Selbst wenn ein Ehepartner während des Scheidungsverfahrens verstirbt, verlieren die letztwilligen Verfügungen des gemeinsamen Testaments ihre Gültigkeit. Etwas anderes gilt nur, wenn ein oder beide Ehepartner die Regelungen auch für den Fall der Scheidung aufrechterhalten wollten und dies entsprechend geregelt haben. 

Was aber gilt, wenn die Ehepartner sich nicht für ein gemeinsames Testament, sondern für einen Erbvertrag entschieden haben, z.B. weil Kinder in die letztwillige Verfügung einbezogen worden sind. Auch hier gilt, dass die Einsetzung des Ehepartners als Alleinerbe in der Regel mit Rechtskraft der Scheidung unwirksam wird. Das betrifft aber nicht zwangsläufig auch die Schlusserbeneinsetzung. Haben die Ehepartner sich in einem Erbvertrag wechselseitig als Alleinerben und die gemeinsamen Kinder als Schlusserben eingesetzt, dann spricht viel dafür, dass die Ehepartner diese Regelung nach dem Letztversterbenden auch über die Ehedauer hinaus regeln wollten. Konsequenz: dieser Teil des Erbvertrages hat auch nach einer Scheidung Bestand.

Was aber gilt bei einem Erbvertrag eines Paares, das erst später heiratet und dann geschieden wird?

Das Oberlandesgericht (OLG) Rostock (Beschluss vom 13.07.2021, 3 W 80/20) hatte im vergangenen Jahr einen Fall zu entscheiden, in dem ein Erblasser mit seiner zukünftigen Ehefrau einen notariellen Erbvertrag geschlossen hatte, in welchem sie sich gegenseitig zu Alleinerben einsetzten und die Tochter der Ehefrau sowie den Sohn des Ehemannes als Schlusserben. Rund eineinhalb Jahre später heirateten beide. Schließlich wurde die Ehe geschieden. Nach dem Tod des Vaters meinte nun dessen Sohn, er sei Alleinerbe geworden, weil der Erbvertrag aufgrund der Scheidung seine Gültigkeit verloren hätte.

Das OLG erteilte dem Sohn eine Absage. Die Begründung: § 2077 BGB ist auf eine nichteheliche Lebensgemeinschaft ohne ernstliches Eheversprechen (Verlöbnis) nicht anwendbar. Die Vorschrift enthält lediglich eine dispositive Auslegungsregel, weshalb der tatsächliche Wille des Erblassers bei Errichtung des Erbvertrags zu ermitteln ist. In dem geschilderten Fall kam das Gericht zu der Auslegung, dass der Erbvertrag nicht in Vorbereitung der erst 17 Monate später erfolgten Eheschließung geschlossen worden ist. Auch im späteren Scheidungsverfahren sei er nicht aufgehoben worden.

Um solche Streitigkeiten gar nicht erst zu provozieren, empfehlen wir, in Erbverträgen ein freies Rücktrittsrecht für den Fall der Trennung oder Scheidung zu vereinbaren

 

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Dr. Natalie Löw

Dr. Natalie Löw

Rechtsanwältin und Notarin Fachanwältin für Informationstechnologierecht Fachanwältin für Urheber- und Medienrecht