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28.07.2023

Wann benötige ich einen Erbschein?

Wenn ein Angehöriger verstirbt, gibt es für Erben viel zu organisieren. Versicherungen müssen gekündigt und Rechnungen beglichen werden. Nicht selten scheitern die Erben an der formellen Hürde des Nachweises ihrer Erbenstellung. Hier kommt der Erbschein ins Spiel.

Einen Erbschein benötigen Sie immer dann, wenn kein notarielles Testament vorliegt und Sie Ihre Erbenstellung beweisen müssen. Zum Beispiel haben Behörden, Banken, Notare und nicht zuletzt das Grundbuchamt sicherzustellen, dass Personen, die über Nachlassgegenstände verfügen möchten, auch tatsächlich Erben geworden sind.

Sofern der Erblasser ein notarielles Testament errichtet hat, genügt als Legitimation das Testament mit dem Eröffnungsprotokoll des Nachlassgerichts. Hat der Erblasser danach noch handschriftliche Testamente verfasst, kann allerdings trotzdem ein Erbschein erforderlich werden.

Der Erbschein begründet die Vermutung der Richtigkeit und legitimiert Sie als Erbe. Die Vermutung der Richtigkeit gilt allerdings nicht dauerhaft. Taucht zum Beispiel später ein weiteres Testament auf, das eine vom Erbschein abweichende Erbeinsetzung regelt, wird der Erbschein vom Nachlassgericht wieder eingezogen und kraftlos (§ 2361 BGB).  

Wie sieht ein Erbscheinsantrag aus und was gibt es zu beachten?

Es gibt verschiedene Arten von Erbscheinen. In der Regel wird ein Erbschein über die Gesamterbfolge beantragt, d.h. ein Alleinerbschein bei einem Alleinerben und ein gemeinschaftlicher Erbschein bei Miterben. Ein gemeinschaftlicher Erbschein kann von jedem Miterben auch alleine beantragt werden, die übrigen Miterben müssen dann lediglich zustimmen. Allen gemeinsam ist, dass der Antragsteller seine Angaben an Eides statt versichern muss.

Folgende Angaben sind im Erbscheinsantrag zu machen: 

  1. Anzugeben ist das Erbrecht des bzw. der Erben unter Angabe der Erbquote in Bruchteilen; sind die Erbquoten von Miterben noch ungeklärt, kann auch ein Erbschein ohne Erbquoten beantragt werden. Vermächtnisse und einzelne Nachlassgegenstände sind nicht anzugeben, wohl aber der Wert des Gesamtnachlasses.   
  2. Verfügungsbeschränkungen wie z.B. Testamentsvollstreckung oder Vor- und Nacherbschaft mit ihren angeordneten Voraussetzungen sind ebenfalls anzugeben.
  3. Bei gesetzlicher Erbfolge ist die Verwandtschaft bzw. Eheschließung durch öffentliche Urkunde zu belegen, z.B. Geburts- und Heiratsurkunden. Entsprechendes gilt für einen Namenswechsel z.B. aufgrund Eheschließung.
  4. Bei testamentarischer Erbfolge ist das Testament mit einzureichen, sofern es dem Nachlassgericht nicht schon vorliegt. Handschriftliche Testamente sind nach deren Auffinden unverzüglich beim Nachlassgericht abzugeben (§ 2259 BGB). 
  5. Weitere ggf. notwendige Dokumente sind Scheidungsurteile, Erbverzichts- oder Ausschlagungserklärungen und Sterbeurkunden vorverstorbener Personen.

Ein Erbschein hat allerdings zunächst nur Gültigkeit für den in Deutschland belegenen Nachlass. Hatte der Erblasser z.B. Grundbesitz im europäischen Ausland, kann ein europäisches Nachlasszeugnis beantragt werden, dass sich zur Verwendung in einem anderen EU- Mitgliedstaat eignet. Hatte der Erblasser Vermögen im nichteuropäischen Ausland ist im Einzelfall zu klären, ob eine Anerkennung möglich ist oder ggf. nach dem jeweiligen Landesrecht ein eigener Erbnachweis beantragt werden muss.  

Sie haben grundsätzlich zwei Möglichkeiten, einen Erbschein oder ein Europäisches Nachlasszeugnis zu beantragen: bei einem Notar Ihrer Wahl oder zu Protokoll des zuständigen Nachlassgerichts. Sollten Sie den notariellen Antrag bevorzugen, unterstützen wir Sie gerne auch kurzfristig bei Ihrer Antragsstellung.

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Autor

Dr. Natalie Löw

Dr. Natalie Löw

Rechtsanwältin und Notarin Fachanwältin für Informationstechnologierecht Fachanwältin für Urheber- und Medienrecht